Deutscher Herbst 1977

Terrorismus in
Deutschland

Mit 4 Bausteinen erzählst du deine Geschichte: Deutscher Herbst 1977.
Wir zeigen dir, wie.

Bearbeitungszeit ca. 90 min.
Kl. 9/10

Deutscher Herbst 1977 | Baustein 01

Der Herbst beginnt

Eine ruhige Wohnsiedlung in Köln. Zwei Mercedes biegen mit äußerst geringem Abstand in die Vincenz-Statz-Straße ein. Noch 600m – das Ziel ist die Wohnung eines mächtigen Managers. Er sitzt hinten im ersten Fahrzeug, einem dunklen Mercedes, sein Fahrer: vorne, alleine, unbewaffnet. Drei Leibwächter der Polizei folgen dicht in einem hellen Wagen. Plötzlich blockiert ein Auto die Straße. Die Fahrzeuge krachen ineinander und stehen schlagartig.
Drei Männer und eine Frau kommen aus der Deckung und feuern ihre automatischen Waffen ab. 120 Schuss in 120 Sekunden. Am Ende ist nur noch das Klicken eines leeren Magazins zu hören.
Es ist Montag, 05. September 1977, 17:30 Uhr .
Der erste Tag im „Deutschen Herbst“ - so werden die kommenden Wochen später bezeichnet.

In Baustein 01 erwarten dich 5 Arbeitsschritte.

 

Los geht's

Was bedroht uns?

01
Was bedroht uns? | Fakten und Vermutungen

Was ist genau passiert?
Was ist kurz nach dem Attentat bekannt?
Erste Hinweise gibt die Tagesschau um 20 Uhr.

Aufgabe 1:

  • Schau dir zuerst den Ausschnitt einmal komplett an.

Welche Aussagen trifft die Tagesschau?

  • Ziehe die korrekten Aussagen in das Antwortfeld. Achte auf den Unterschied von Fakten und Vermutungen.

  • , wenn du den Sprechtext lesen möchtest. 

Fakten und Vermutungen
Die Täter sind vermutlich Terroristen.
Es werden kein Angaben zu den Tätern gemacht.
Laut BKA fanden zwei Attentate gleichzeitig statt.
Es handelt sich vermutlich um eine Entführung.
Es handelt sich um eine Entführung.
Es ist das erste Attentat dieser Art in der BRD.
Es wurden 1977 schon mehrere Attentate verübt.

Das war nicht richtig. Nimm dir nochmals Zeit, die Quelle genau anzuschauen.

Das war nicht ganz richtig. Du hast noch2Versuche!

Das war nicht ganz richtig. Du hast noch1Versuche!

Das war leider auch nicht richtig. Schade!

Prima! Alles richtig gelöst!

Das ist die richtige Antwort.

Was bedroht uns? | Kanzler Helmut Schmidt I

Der Bundeskanzler 1977 heißt Helmut Schmidt (SPD). Er übernimmt persönlich das Krisenmanagement. Scheitert Schmidt, muss er vermutlich zurücktreten. Am gleichen Abend richtet er sich in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung. Es geht darum, ob die Öffentlichkeit ihm die Aufgabe zutraut.

Aufgabe 2
Was denkst du?
Wie kam die Rede bei der Bevölkerung an?

  • Schau dir aufmerksam seine Rede an.

  • Markiere 3 Begriffe, die sein Auftreten am besten charakterisieren.
    Tipp 

unsicher · souverän · konfus · entschlossen · unklar · zielstrebig · unruhig · glaubwürdig · überheblich · verzweifelt · überzeugend · angespannt 

1 ×

Es geht nicht darum, wie Schmidt heute auf dich wirkt, sondern wie er damals auf die Zuschauer wirkte! 
Wie geht das?
Berücksichtige die Medienerfahrung der Menschen damals. Dabei helfen diese Informationen:

  • 1977 gab nur zwei Fernsehkanäle: ARD und ZDF. Keine Privatsender.

  • Die Hauptinformationsmedien waren Radio und Tageszeitung.

  • Damals verfügten nur etwa 60% der Haushalte über ein Telefon.

Was bedroht uns? | Kanzler Helmut Schmidt II

Aufgabe 3
In Q2 findest du einen Auszug der Rede.
Welches Bild zeichnet Schmidt vom Staat und welches Bild zeichnet er von den Terroristen?

  • Ordne die Aussagen über den Staat und über die Terroristen in der Reihenfolge an, wie sie in der Rede nacheinander auftreten.
    Tipp 

Bild des Staats Bild der Terroristen
1
Der Staat ist verpflichtet, sich zu wehren.
Alle staatlichen Einrichtungen lehnen den Terrorismus strikt ab.
2
Es gibt keine Unterstützung für den Terrorismus aus der Bevölkerung.
Die Polizei erhält alle Mittel zur Verfolgung der Täter.
3
Die Verbrechen der Terroristen sind unmenschlich.
Es war klar, weitere Anschläge würden folgen.

Du hast noch 3 Versuche. Beachte die Tipps.

Mmh, das war nicht ganz richtig. Noch 2 Versuche.

Letzter Versuch. Lass dir Zeit. Lies genau.

Das war nicht ganz richtig. Du hast noch2Versuche!

Das war nicht ganz richtig. Du hast noch1Versuche!

Das war leider auch nicht richtig. Schade!

Prima! Alles richtig gelöst!

Das ist die richtige Antwort.

1 ×

Tipps:

  1. Die jeweils erste Aussage in der Spalte ist in der Quelle fett-kursiv für den Staat und fett für die Terroristen hervorgehoben.

  2. Markiere die anderen Stellen im Text in unterschiedlichen Farben.

Was bedroht uns? | Deine Geschichte Teil 1

In diesem Abschnitt ist „Deine Geschichte" gefragt. Du
hast bereits einiges über diese Zeit erfahren.
Erzähle nun deine Geschichte: „Deutscher Herbst 1977“.

Aufgabe 4
Diese 2 Gliederungspunkte können dir helfen

  • Notiere zu jedem Punkt zwei Stichworte. 
    Frage dich: „Was ist dir wichtig?“
    - beim Attentat?
    - bei der Reaktion des Kanzlers?
    Tipp 

Attentat:

Kanzler Helmut Schmidt:

Aufgabe 5

  • Formuliere deine Stichworte in 4-6 zusammenhängenden Sätzen aus.
    Wenn Du Tipps benötigst, findest du sie hier.

 

Formuliere hier deine Geschichte Teil 1. Kopiere später diesen Text in dein "permanentes Textfeld" (rechts oben, helles Icon mit Stift)

Wörter mind.
0/35
1 ×

Stichworte für "Attentat" könnten sein:
Brutalität | Ungewissheit | Tatort Köln | 4 Tote -1 Entführungsopfer | Deutscher Manager | Attentatsserie 1977,...

  • Du kannst zwei von ihnen übernehmen.

  • Gehe nun ähnlich bei dem anderen Punkt vor.

2 Schreibtipps:

Schreibtipp 1: Stichworte ausformulieren

Ein Formulierungsbeispiel für Attentat mit den Stichworten: "Brutalität, Ungewissheit"

Die RAF entführte im September 1977 Hanns Martin Schleyer und erschoss seine 4 Begleiter brutal. In den ersten Stunden nach der Tat war völlig unklar, ob der Manager noch lebte.

Du kannst diese Formulierung übernehmen. Gestalte die anderen Stichworte nach diesem Beispiel.


 

Schreibtipp 2: Zeit

Geschichte hat mit Zeit zu tun.
Schreibe so, dass der Leser über einen Ablauf (Beginn, Ende,...) orientiert ist.
Siehe oben die Formulierungen: "...im September 1977..." und "In den ersten Stunden...".


 

Material

(Q1) Transkript Tagesschau 05.09.1977

Fünf Wochen nach der Ermordung Pontos ist auf den Vorsitzenden des Bundes der deutschen Arbeitgeberverbände Hanns Martin Schleyer in Köln ein Attentat verübt worden. Schleyer wurde offenbar verletzt, möglicherweise entführt.

Vier Polizeibeamte, die zu seinem Begleitkommando gehörten, wurden getötet. Nach den bislang unbekannten Tätern wird gefahndet. Das Bundeskriminalamt hat sich sofort in die Ermittlungen eingeschaltet.

Seit 18.11 Uhr überstürzten sich die Meldungen des Attentats auf Schleyer. Trotzdem ist Klarheit über Hergang und Opfer nicht zu gewinnen. Nachdem es zunächst geheißen hat, über Schleyers Befinden und seinen Aufenthaltsort ist nichts bekannt, äußerte ein Polizeisprecher in Köln die Vermutung, Schleyer sei entführt worden. Kurz darauf dementierte ein Polizeisprecher Entführungsgerüchte, er sei vielmehr in ein Krankenhaus gebracht worden.

Wiederum kurz darauf soll das Bundeskriminalamt in Wiesbaden die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten- ohne weitere Einzelheiten mitzuteilen- bestätigt haben. Dies wurde schließlich von einem anderen Mitglied des Bundeskriminalamtes in Zweifel gezogen. Für eine Entführung spricht, dass offenbar keine amtliche Stelle weiß, wo Schleyer sich aufhält.

(Q2) Auszug aus der Erklärung des Kanzlers am 05.09.1977.

Helmut Schmidt gibt am Tatabend eine Erklärung im Fernsehen ab:

„[…] Vier tote Bürger unseres Staates verlängern seit heute Abend die Reihe der Opfer von blindwütigen Terroristen, die- wir waren uns darüber stets im klaren- noch nicht am Ende ihrer kriminellen Energie sind.

Uns alle erfüllt  […] tiefer Zorn über die Brutalität, mit der die Terroristen in ihrem verbrecherischen Wahn vorgehen. Sie wollen den demokratischen Staat und das Vertrauen der Bürger in unseren Staat aushöhlen.

Der Staat […] muß darauf mit aller notwendigen Härte antworten. Alle Polizei- und Sicherheitsorgane […] haben deshalb die uneingeschränkte Unterstützung der Bundesregierung und ebenso meine sehr persönliche Rückendeckung.

[…] Der Terrorismus hat auf die Dauer keine Chance, denn gegen den Terrorismus steht nicht nur der Wille der staatlichen Organe, gegen den Terrorismus steht der Wille des ganzen Volkes. […]“

Dokumentation der Bundesregierung zur Entführung von Hanns Martin Schleyer. München 1977. S. 229f.

Was bedroht uns?

Baustein 1ist geschafft!

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Was brauchen wir?

Das Undenkbare
denken

Deutscher Herbst 1977 | Baustein 02

Das Undenkbare
denken

Dienstag, 6. September, 23.30 Uhr. Krisensitzung in Bonn: Die Entführer fordern die sofortige Freilassung inhaftierter RAF-Mitglieder. Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) hat führende Politiker in sein Arbeitszimmer gerufen. Das Ziel steht fest:

„Die [Geisel] lebend zu befreien, die Entführer zu ergreifen und vor Gericht zu stellen, die Handlungsfähigkeit des Staates und das Vertrauen in ihn nicht zu gefährden.“

Er fordert die Teilnehmer auf, „das Undenkbare zu denken“, also alle auch noch so unwahrscheinlichen Vorschläge zu machen, um die Krise erfolgreich zu beenden. Nichts soll unversucht bleiben. 
Welche Vorschläge werden dem Kanzler unterbreitet?
Wofür soll er sich entscheiden?

In Baustein 02 erwarten dich 5 Arbeitsschritte.

Los geht's

Was brauchen wir?

02
Was brauchen wir? | Verhandeln I

In der Bildzeitung fordert die Ehefrau von Hanns Martin Schleyer: „Laßt meinen Mann leben. Tauscht ihn aus!
Der Sohn des Entführungsopfers will die Regierung sogar dazu verpflichten. Er reicht beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag ein, die Geisel auszutauschen. An das Urteil des höchsten deutschen Gerichtes muss sich die Regierung halten.
Soll der Staat mit den Terroristen verhandeln?

Aufgabe 1

  • Fälle zunächst eine spontane Entscheidung.

Soll der Staat eine Geisel gegen 11 Gefangene austauschen?

eher ja eher nein
Was brauchen wir? | Verhandeln II

1975 wurde der Politiker Peter Lorenz entführt. Die BRD verhandelte mit den Terroristen, bezahlte ein Lösegeld und flog 5 Terroristen in ein anderes Land aus. Peter Lorenz kam frei. Kann diese Entscheidung als Vorbild dienen?

Aufgabe 2
Die Familie von Hanns-Martin Schleyer zieht vor das Bundesverfassungsgericht. Sie will die Regierung zum Austausch juristisch zwingen. Die beiden Darstellungen (Q1 u. Q2)  liegen den Richtern vor.

  • Markiere die Argumente Eberhard Schleyers (Q1).

  • Markiere die Argumente der Bundesregierung (Q2).

Welches Urteil erwartest du von den Richtern??

  • Entscheide dich für eines und erläutere es in 2-3 Sätzen.

Der Antrag hat Erfolg.
Die Geisel muss ausgetauscht werden.

Der Antrag wird abgelehnt.
Die Regierung wird nicht zum Austausch verpflichtet.
 

Deine Erläuterung:
...

Wörter mind.
0/25
Was brauchen wir? | Todesstrafe I

In Artikel 102 des Grundgesetzes (GG) steht nur ein Satz: „Die Todesstrafe ist abgeschafft.“  Nach der Entführung Schleyers wird von Bürgern und Politikern öffentlich über Standgerichte gesprochen. 67% der Deutschen sind laut einer Umfrage für die Todesstrafe.
Welche Folgen hat das für die Regierung?

Aufgabe 3
Mache dir ein Bild von der Stimmung in der Bevölkerung.

  • Schau dir die Umfrage in einer städtischen Fußgängerzone an.

Welche Stimmung nimmst du auf der Straße wahr?

  • Markiere 3 Adjektive farbig, die deiner Meinung nach am besten passen.

gereizt · nüchtern · aufgeheizt · vernünftig · emotionslos · abwägend · vorwurfsvoll · leidenschaftlich · oberflächlich · eisig · hitzig · sachlich 

Was brauchen wir? | Todesstrafe II

Du hast einige Argumente gehört. Sie sind in der Tabelle unten auf der rechten Seite aufgelistet.
Welche Form des Zusammenlebens stellen sich die einzelnen Personen vor?
Auf welchen Grundüberzeugungen beruhen die Aussagen?

Aufgabe 4

  • Weise die Aussagen den Grundüberzeugungen zu.

Der Staat ist mit seinen Gesetzen ausreichend handlungsfähig.
"Dass die Tiere sind, gibt uns noch kein Recht selber zu Tieren zu werden."
Die Annahme, durch Rache und Vergeltung würden Probleme beseitigt werden.
"Ein exekutierter Verbrecher scheidet künftig als Attentäter aus."
Hinrichtungen schützen Staat und Gesellschaft.
"In dem Moment, in dem sie Schleyer erschießen, erschießen sie all die Terroristen, die drinnen sitzen."
Menschlichkeit zeigt sich darin, die niedrigen Instinkte zu beherrschen.
"Der Rechtsstaat gibt uns alle Mittel, die notwendig sind, um die Verbrecher zur Strecke zu bringen."
Hinrichtungen schützen Staat und Gesellschaft nicht.
"Die sind so brutal, die Todesstrafe schreckt die Terroristen nicht ab."

Das war nicht ganz richtig. Du hast noch3Versuche!

Das war nicht ganz richtig. Du hast noch2Versuche!

Das war nicht ganz richtig. Du hast noch1Versuche!

Das war leider auch nicht richtig. Schade!

Prima! Alles richtig gelöst!

Das ist die richtige Antwort.

Was brauchen wir? | Deine Geschichte Teil 2

Helmut Schmidt bezieht zu dieser Diskussion in der Öffentlichkeit und in der Politik in einer Bundestagsrede Stellung. 

Aufgabe 5

  • Schaue dir die Rede aufmerksam an und notiere die zwei zentralen Sätze der Rede, die deiner Meinung nach die Haltung von Schmidt am besten wiedergeben.

Wörter mind.
0/20

Aufgabe 6
Hier geht es wieder um deine Geschichte, Teil 2.
Inwiefern geht Helmut Schmidt mit seiner Position ein politisches Risiko ein?

  • Schreibe deine Meinung in 2-3 Sätzen auf. 
    Formulierungstipps 

Wörter mind.
0/20
1 ×

Formulierungen, die du übernehmen kannst:

  • Betracht man die Stimmung in dieser Zeit, dann...

  • Helmut Schmidt befand sich in einer Lage, in der...

  • Auch wenn auf der Straße Druck ausgeübt wurde,...

  • Da in einer Demokratie die Meinung des Volkes berücksichtigt werden sollte,...

Material
(Q1) Dringlicher Antrag Eberhard Schleyer

„Der Antragsteller [also Hanns Martin Schleyer] beruft sich... auf das Grundrecht der Gleichbehandlung..., nach dem in dem vergleichbaren Entführungsfall des Berliner CDU-Abgeordneten… Lorenz den Freilassungsforderung seiner Führer nachgegeben worden ist und so dessen bedrohtes Leben gerettet werden konnte…
[Die Regierung nimmt…] die Ermordung… wissentlich hin, obwohl sie in der Lage wäre, diesen Mord abzuwehren…"

Dokumentation der Bundesregierung zur Entführung von Hanns Martin Schleyer. München 1977. S. 292f.
(Q2) Stellungnahme der Regierung

„Auf der einen Seite geht es darum, alles Menschenmögliche zu tun, um das Leben von Hanns Martin Schleyer zu retten...
Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass ein Nachgeben gegenüber den Forderungen der Entführer… dem Wunsch nach Durchsetzung der Strafgewalt… zuwiderhandeln würde.
Die elf inhaftierten Terroristen, deren Freilassung gefordert wird, sind gefährliche Verbrecher, und [es] ist damit zu rechnen, daß sie… zurückkehren, um ihr verbrecherisches Tun fortzusetzen...
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß [der Staat…] nicht beliebig erpressbar sein kann und darf.“

Dokumentation der Bundesregierung zur Entführung von Hanns Martin Schleyer. München 1977. S. 304.

(Q3) Leserbrief eines Wissenschaftlers

Prof. Dr. Wilfried Lange, Düsseldorf:

„Auch die Wiedereinführung der Todesstrafe (durch Verfassungsänderung) (…) wäre zu diskutieren (…) bei Erpressungen wie in den Fällen Lorenz und Schleyer. Niemand wird bestreiten, daß die Todesstrafe hier einen von der Vernunft bestimmten Zweck erfüllt: Ein Staat, der seine Terroristen hinrichtet, kann nicht mehr genötigt werden, sie nach Südjemen auszufliegen. Auch scheidet ein exekutierter Verbrecher künftig als Attentäter aus.“

Die Welt: 29.09.1977
(Q4) Regierungspolitiker

Ein namentlich nicht genannter Regierungsvertreter:

„Einigen der [gemachten] Vorschläge muss man härtesten Widerstand entgegensetzen. Die Wiedereinführung der Todesstrafe wäre für mich ein Rückschritt in barbarische Zustände. Ich habe allerdings mit Befriedigung gehört, dass auch bei der Opposition starke Kräfte gegen die Diskussion dieses Problems sind. Es gibt Vorschläge (…), da habe ich keine rechtsstaatlichen Bedenken. Aber wir müssen glaube ich höllisch aufpassen, dass wir nicht das tun, was die Terroristen uns aufzwingen wollen: nämlich Reaktionen, von denen sie dann sagen können, sie seien faschistoid.“

Transkribiert nach einem Panorama-Bericht: 19.09.1977

Was brauchen wir?

Baustein 2ist geschafft!

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Was tun wir?

Nur tun,
was man tun darf

Deutscher Herbst 1977 | Baustein 03

Nur tun,
was man tun darf

Die Regierung muss nun handeln, dabei steht sie gewaltig unter Druck. Helmut Schmidt wird die Entscheidungen zuletzt verantworten müssen. Seine Position scheint unverrückbar, du hast es in seiner Bundestagsrede gerade gehört:

„Androhen kann man nur, was man auch tatsächlich ausführen will und was man tatsächlich ausführen darf."

Die Grundrechte will er nicht antasten. Doch die Grenze dafür ist nicht immer eindeutig.
Wie weit darf der Staat gehen, wenn er sich nicht erpressen lassen will?

In Baustein 03 erwarten dich 3 Arbeitsschritte.

Los geht's

Was tun wir?

03
Was tun wir? | Nur tun, was man tun darf

Die Regierung versucht die Lage unter Kontrolle zu bringen. Zwei Erfahrungen spielen dabei eine große Rolle.
 

  1. Bereits 1975 wurden 5 Terroristen durch eine Entführung freigepresst. Ihr Abflug ins Ausland wurde live gesendet. Ein Mediendesaster.

  2. Die inhaftierten Terroristen tauschen sich seit Jahren untereinander aus. Damit sind sie vermutlich der Polizei einen Schritt voraus.
    Ist das hinnehmbar?

Hielt sich der Staat an seine eigenen Gesetze?
Darum geht es hier.

Welches Thema interessiert dich eher?
Wähle eines aus.
 

Was tun wir? | "Nachrichtensperre" I

Die Terroristen lassen der Regierung ein Video von Hanns Martin Schleyer zukommen. Sie verlangen, dass es noch am gleichen Abend im Fernsehen gezeigt wird. 
Was würde passieren, wenn die Bevölkerung das Video zu sehen bekäme?
Wie soll der Krisenstab entscheiden?

Aufgabe 1
Würdest du das Video im Fernsehen zeigen lassen?

  • Entscheide spontan mit Ja oder Nein

Nein, keine Veröffentlichung Ja, Veröffentlichung
Was tun wir? | "Nachrichtensperre" II

Der Krisenstab veröffentlicht das Video nicht. Es stellt sich nun aber eine Frage:
Wie sollen Regierung und Medien mit Entführungsinformationen umgehen? 
Die Regierung wendet sich in einer Erklärung an die Presse.

Aufgabe 2

  • Lies die Erklärung (Q1) einmal komplett durch.

Fordert die Regierung die Selbstzensur?
Die Presse sollte unabhängig sein. Sie sieht sich als eine gesellschaftliche Kontrolle der Macht, indem sie kritisch berichtet.

  • Inwieweit stimmst du folgenden Positionen zu?

Zensur,  denn es ist keine kritische Berichterstattung mehr möglich, sobald der Staat Einfluss auf die Presse nimmt.

stimme nicht zu stimme voll zu

Keine Zensur, denn Informationen während einer Ermittlung zurückzuhalten ist normale Polizeiarbeit, um die Aufklärung nicht zu stören.

stimme nicht zu stimme voll zu

Zensur, denn bei Entführungen ist eine kritische Berichterstattung nötig.

stimme nicht zu stimme voll zu

Keine Zensur, denn die Forderung ist berechtigt. Die Pressearbeit hat gegenüber einem Menschenleben zurückzustehen.

stimme nicht zu stimme voll zu
Was tun wir? | Kontaktsperre I

Die Polizei vermutet, die Terroristen steuern heimlich aus dem Gefängnis heraus die Entführung. Dafür gibt es zuverlässige Hinweise, aber keine Beweise.
Soll der Staat mit einer Kontaktsperre reagieren? 
Das Problem ist: Ein eindeutiges Gesetz zur Anordnung der Kontaktsperre existiert nicht.
Soll der Justizminister die Kontaktsperre anordnen?

Aufgabe 1

  • Entscheide dich zunächst spontan für Ja oder Nein.

Ja, Kontaktsperre anordnen Nein, keine Kontaktsperre anordnen
Was tun wir? | Kontaktsperre II

Der Justizminister verhängt die Kontaktsperre sofort nach dem Attentat. Anwälte gehen dagegen gerichtlich vor. Um die Terroristen weiterhin zu isolieren, soll das Parlament nun ein eigenes Gesetz beschließen. Doch es gibt Zweifel. 

Aufgabe 2

  • Lies (Q1, Q2) genau durch.

  • Markiere in den Quellen farbig die Argumente gegen die Kontaktsperre.

Im Gesetz (Q3) werden Einschränkungen für dessen Anwendung genannt (fett markiert).

  • Lies den Gesetzesauszug (Q3) genau durch. 

  • Überlege, inwiefern werden damit die Bedenken der Abgeordneten entschärft?

Entscheide nun als Abgeordneter:
Soll das Kontaktsperregesetz beschlossen werden?

  • Stimme mit Ja oder Nein.
    Begründe deine Entscheidung in 2-3 Sätzen.

(Lösche den nicht verwendeten Satzanfang)

Nein, ich stimme gegen das Kontaktsperregesetz, weil...

Ja, ich stimme für das Kontaktsperregesetz, weil...

 

Wörter mind.
0/20
Was tun wir? | Deine Geschichte Teil 3

Du hast einen von zwei Bereichen kennengelernt, in dem der Staat sich gezwungen sah, zu handeln. 

  1. Mit der "Kontaktsperre" wird ihm eine unberechtigte "Einschränkung von Freiheitsrechten" vorgeworfen.

  2. Mit der "Nachrichtensperre" die Behinderung der Presse durch die Aufforderung zur "Selbstzensur".

Ging der Staat bei seinen Reaktionen zu weit? Oder handelte er in einem demokratischen Rahmen?

Aufgabe 3
Wie beurteilst du die Maßnahmen der verantwortlichen Politiker?

  • Schreibe deine Meinung in etwa 2-4 Sätzen auf. 
    Schreibtipp 

Wörter mind.
0/20
1 ×

Schreibe so, dass das Urteil jemand versteht, der von den beiden Themen noch nie etwas gehört hat.

Material
(Q1,Q2) Positionen gegen die Kontaktsperre

Der SPD Abgeordnete Coppik spricht sich gegen das Kontaktsperregesetz aus. Hier ein Auszug aus seiner Rede:
"[Terroristen sollen] von jeder Verbindung untereinander und mit der Außenwelt isoliert werden. Das hört sich zunächst unproblematisch an. Die Probleme werden aber besonders deutlich, wenn man bedenkt, daß diese Regelung auch für die nach einem solchen Anschlag neu Verhafteten gilt. …
[Es] muß deutlich gesagt werden, daß nach dem neuen Gesetz niemand, und sei er noch so unschuldig, davor sicher sein kann, etwa auf Grund einer Denunziation verhaftet zu werden und für Wochen und Monate [...] in einem Gefängnis zu verschwinden."

Abgeordneter Thüsing  (SPD) mit einer Stellungnahme:
"...Solche [Freiheits-] Rechte können nach meiner Meinung in einem Rechtsstaat höchstens [gesetzlich] eingeschränkt werden… Sie können aber nicht... aufgehoben werden. Zu fragen ist auch, ob die Terroristen durch solche Gesetze nicht Stückchen für Stückchen ihrem Ziel näherkommen, den demokratischen Rechtsstaat abzuschaffen."

Thüsing zitiert nach: Thomas Wittke(1983): Terrorismusbekämpfung als rationale politische Entscheidung. S. 180.

Coopik: Deutscher Bundestag Sitzungsprotokolle, Sept. 1977, S. 3372
(Q3) Auszug aus dem "Kontaktsperregesetz"

§ 31
Die Feststellung (ob jemand isoliert wird) darf sich nur auf Gefangene beziehen, die wegen(terroristischer Straftaten) rechtskräftig verurteilt sind oder gegen die ein Haftbefehl (deswegen)… besteht.

§ 35
Die Feststellung nach § 31 verliert ihre Wirkung, wenn sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach ihrem Erlaß [gerichtlich] bestätigt worden ist…

§ 36
Die Feststellung nach § 31 ist zurückzunehmen, sobald ihre Voraussetzungen (Gefahr für das Leben einer Person durch eine Terrorgruppe, z.B. Entführung) nicht mehr vorliegen. Sie verliert spätestens nach Ablauf von dreißig Tagen ihre Wirkung... Eine Feststellung… kann mit ihrem Ablauf erneut getroffen werden, wenn die Voraussetzungen noch vorliegen...

Gesetz zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 30. September 1977
(Q1) Schreiben des Regierungssprechers an die Presse 08.09.1977

„Sehr geehrter Herr Chefredakteur,

[…] Ich darf Sie aus Gründen, die ich Ihnen nicht weiter zu erläutern brauche, dringlich darum bitten, in Ihrer Berichterstattung nichts zu tun, was die Anstrengungen der Sicherheitsorgane des Bundes in irgendeiner Weise beeinträchtigt und dazu beitragen könnte, die Gefahrenlage zu verschärfen.

Wenn[...] Sie im Zweifel sind, ob [...eine] Veröffentlichung unter die von mir beschriebenen Kriterien fällt, möchte ich Sie bitten, sich mit dem Pressereferat des Bundesinnenministeriums in Verbindung zu setzen. […]

Mit vorzüglicher Hochachtung
Klaus Bölling
Staatssekretär
Chef des Bundespresse- und Informationsamtes“

Dokumentation der Bundesregierung zur Entführung von Hanns Martin Schleyer. 1977. Anlage 4, S. 236-237.

Was tun wir?

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Wer sind wir?

Der Staat an
seinen Grenzen?

Deutscher Herbst 1977 | Baustein 04

Der Staat an
seinen Grenzen?

Von Anfang an ist klar, der Staat will sich nicht erpressen lassen. Es wird zum Schein verhandelt, um Zeit für eine intensive Fahndung zu gewinnen. Der führende Stratege ist BKA-Chef Horst Herold. Das BKA ist hochmodern ausgestattet. Herolds Taktik funktioniert. Nach 2 Tagen ist bekannt, wo sich Schleyer befindet. Doch der Hinweis geht im Fahndungschaos unter.

Wochenlang dauert dann das Katz und Maus Spiel: Die Entführer setzen eine Frist und die Regierung gibt vor, sie nicht einhalten zu können.

Nach 38 Tagen setzen die Entführer alles auf eine Karte. Die Lage eskaliert.
Wie soll ein Staat Verantwortung tragen?

In Baustein 04 erwarten dich 2 Arbeitsschritte.

Los geht's

Wer sind wir?

04
Wer sind wir? | Mogadischu

Die RAF holt sich Hilfe bei palästinensischen Terroristen. Am 13. Okt. 1977 entführen sie ein Flugzeug mit 87 Menschen an Bord. Nach einem viertägigen Irrflug landen sie in Mogadischu. Die Terroristen wollen das Flugzeug sprengen.

Aufgabe 1
Helmut Schmidt muss eine Entscheidung treffen.
Die inhaftierten Terroristen freilassen - oder - das Flugzeug stürmen?
Welche ist deiner Meinung nach richtig?
Diskutiere zuerst kurz mit jemandem darüber, welche Folgen welche Entscheidung mit sich brächte.

  • Treffe dann eine Entscheidung.

  • Begründe diese Entscheidung in 1-2 Sätzen.

Terroristen freilassen Flugzeug stürmen

Schreib hier deine Meinung auf.

Wer sind wir? | Deine Geschichte Teil 4

In der Nacht auf den 18. Okt. 1977 stürmt die GSG 9 das Flugzeug. Drei der vier Flugzeugentführer werden erschossen. Alle Passagiere überleben.
Die inhaftierten Terroristen in Stammheim erfahren in derselben Nacht vom Scheitern der Flugzeugentführung. Sie begehen noch vor dem Morgengrauen Selbstmord.
Einen Tag später wird Hanns Martin Schleyer ermordet aufgefunden. Das ist das Ende des Deutschen Herbstes nach 43 Tagen, aber nicht der RAF.
 

Schreibe hier den vierten Teil deiner Geschichte. „Deutscher Herbst 1977“

Aufgabe 2
Beantworte in diesem letzten Teil die Frage:
Inwiefern bringt die RAF die BRD an die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit?
Tipp 

  • Schreiben diesen Teil deiner Geschichte in 3-4 Sätzen.

Wörter mind.
0/30

Aufgabe 3
Helmut Schmidt spielte eine wichtige Rolle in diesen Wochen 1977.
Wie beurteilst du sein Handeln?
Du hast die kritischen Situationen kennengelernt. Du hast seine Entscheidungen kenngelernt und du hast seine Handlungsspielräume selbst eingeschätzt.

  • Schreibe deine Meinung in 3-4 Sätzen auf.
    Tipp 

Wörter mind.
0/30
1 ×

Denke nochmals an folgende Punkte. Du kannst dich darauf beziehen, führe sie aber nicht erneut aus:
Baustein 1:
Attentat und Fernsehansprache

Baustein 2:
Verhandeln, Todesstrafe und Rede des Kanzlers

Baustein 3:
Kontaktsperre bzw. Nachrichtensperre

Bausteine 4:
Flugzeugentführung, Selbstmord der Terroristen, Ermordung Schleyers

2 ×

Alle Entscheidungen, die getroffen worden sind, hängen mit Helmut Schmidt zusammen. Daher nochmals ein paar Stichworte aus dem Modul.

Fernsehansprache, Bundestagsrede (Todesstrafe), Verhandeln zum Schein, intensive Fahndung, Kontaktsperre, Nachrichtensperre.

Schau selbst nochmals nach, wenn du dir unsicher bist.

Material

Wer sind wir?

Baustein 4ist geschafft!

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Meine Geschichte: "Deutscher Herbst 1977"

Teil 1: Was bedroht die BRD?

 

Teil 2: Was braucht die BRD?

 

Teil 3: Was tut die BRD?

 

Teil 4: Wer ist die BRD?

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